Mission to Planet Guitar

von Dietmar Schneider

Die norwegische Formation Zeromancer stellt ihr zweites Album Eurotrash dem Deutschen Publikum vor. Vor dem Konzert am 25.09.2001 im Kölner Prime Club hatte unser Autor Dietmar Schneider die Gelegenheit, sich ausgiebig mit dem amerikanischen Gitarristen der Band, Chris Schleyer, zu unterhalten. Obwohl die Band mit erheblicher Verspätung in Köln angekommen war, und entsprechende Hektik vorherrschte, traf Dietmar auf einen erstaunlich relaxten Musiker, der sich obendrein die Zeit nahm, ihm sein Equipment bis ins Detail zu erklären - was beileibe nicht eben mal in zwei Minuten erledigt ist...

?PG: Im Intro Eurer Homepage begrüßt den Fan das Motto: "Sex, drugs & technology - the ultimate in adult entertainment..."- Bei der Livedarbietung eurer Songs, die in ihrer Form größtenteils von Sequenzern bestimmt werden kann ich mir kaum vorstellen, daß Drogen Teil Eurer Live-Performance sind - so etwas erfordert doch ziemlich viel Disziplin?

!Chris: Nun, wir alle haben unsere kleinen Fehler... Während der Produktion von Eurotrash haben wir in Bungalows irgendwo in den norwegischen Wäldern gehaust, die alle miteinander vernetzt waren. Es gab einen regen Datenaustausch zwischen uns und den eingesetzten Mac's... Es hat dann nochmal acht Monate gedauert, das Ganze bühnentauglich zu machen: alle Gitarrenparts, die ich "im Wald" nacheinander eingespielt hatte, mußten für den Liveeinsatz auf Samples und Gitarrenspiel verteilt werden, um es durchführbar umzusetzen!

?PG: Wo bleibt für einen Rock-Gitarristen da der Rock 'n' Roll?

!Chris: Zum größten Teil in den Refrains! Natürlich ist in den Stücken selbst viel gesampled, aber die Refrains sind auch live on stage Handarbeit. Früher habe ich mich -wie jeder andere wohl auch- mit der klassischen Gitarre, und der traditionellen Rolle des Gitarristen beschäftigt und mir zum Beispiel all diese Steve Vai Style -Tonleitern draufgezogen. Eigentlich bin ich der Hard-Rocker in der Band...

?PG: Wann bist Du zu Zeromancer gestoßen - auf Eurem Debüt Clone Your Lover wurde dieser Part ja teilweise von Produzent und Gitarrist James Saez (Porno For Pyros) übernommen?

!Chris: Gegen Ende der Produktion - die Band wollte den Live-Gitarristen unbedingt auch auf dem Album haben.

?PG: Wie läuft bei Euch das Songwriting ab?

!Chris: Kim schreibt die meisten der Songs und Texte. Als Bassist liefert er uns die einzelnen Song-Strukturen im Normalfall in Form von Bass-Linien. Eric und ich harmonisieren das Ganze dann entsprechend und arrangieren die Musik. Die so geschaffene Basis stellen wir Alex (voc) und Noralf (dr)vor. Alles weitere läuft in Teamarbeit ab.

?PG: Eric, euer Keyboarder, wird auf eurer Homepage als "Programmierer" vorgestellt - spielt aber die Keyboards?

!Chris: Eric ist nicht DER versierte Keyboarder - sein Instrument ist eigentlich der Macintosh...

?PG: Eure Coverversion von Eurythmics - Send Me An Angle - wer hatte die Idee dazu?

!Chris: Weißt Du eigentlich, wie oft ich diese Frage schon beantworten mußte? Unsere Plattenfirma! Sie dachten, Eurotrash und Eurythmics ergeben ein ulkiges Wortspiel und fragten uns: "...könntet ihr nicht...?" Wir haben es dann so gemacht, weil wir dachten, es paßt ins Album...

?PG: Bei einem der Stücke glaube ich auch ein paar Anleihen von Depeche Mode herausgehört zu haben?

!Chris: Es ist tatsächlich so: Kim mag Depeche Mode - wir haben alle unsere Einflüsse: Von Rammstein, über Kraftwerk, The Cure, Nine Inch Nails...

?PG: Dein Sound klingt teilweise nach heftigem Einsatz von Effekten - was benutzt Du auf der Bühne und im Studio?

!Chris: Wir können uns das gerne mal anschauen gehen: zunächst einmal eine neue Les Paul - es ist "nur" eine Studio... Dann eine Paula, die bei einem Gig einmal einen, hmmm - "Unfall" hatte - der Kopf war unter anderem gänzlich abgebrochen... Ich habe sie dann mit Holzleim wieder geflickt - UND SIE WAR BUNDREIN! Alles andere habe ich auch wieder 'drangebaut, und sie funktioniert wirklich... Dann noch dieses Unikum als Backup, und etwa 10 Effekte, die ich über ein Board beliebig miteinander kombinieren kann.

Equipment-Check

Wer bei Chris Schleyer Hitec-Equipment vom Format eines Roland VGA-7, vergleichbarer Produkte der Mitbewerber, oder etwa einer Roland-Ready-Strat inklusive eines Gitarren- Synth vermutet, sieht sich getäuscht: Chris Setup mutet eher abenteuerlich an - und bringt doch den amtlichen Zeromancer-Sound! Diverse Tretminen -u.a. der gute alte Big Muff- sind in einem beängstigenden Kabelgewirr miteinander verwoben und über ein "Switchboard für Stepptänzer" schaltbar.

Dementsprechend ist auch der augenzwinkernde Kommentar von Bassist/Background-Sänger, und Songwriter Kim Ljung zu verstehen:

!Kim: Ich spiele inzwischen nur noch meine beiden Music Man Stingrays über die Ampec- Anlage, für mich die beste Kombination!

Entsprechend aufgeräumt präsentiert sich die Bass-Ecke...

Beim nachfolgenden Gig jedoch nützten auch die für die Show überbrachten, besten Wünsche der PG-Redaktion nicht viel - der Teufel steckte im Detail, hatte sich dabei allerdings -wider Erwarten- keineswegs in Chris verwirrendem technischen Flickwerk versteckt (siehe auch: Konzert Review)...

 

Zeromancer CD Review - Zeromancer Konzert Review - home planet-guitar