Auf die Bühne, fertig, los...


Die WALDEN N550CE Nylonstring Classical

In einer Zeit, in der zwar alles permanent teurer aber nicht unbedingt auch besser zu werden scheint, fußt die Behauptung, dass gute Gitarren nie preiswerter zu haben waren, als augenblicklich, erstaunlicherweise durchaus auf Tatsachen. Und so kann es schon mal vorkommen, dass man sich als Tester verblüfft am Kopf kratz, wenn man nach getaner Arbeit den Preis eines gerade gecheckten Instruments recherchiert. Ein Hersteller, der in der Szene für diese Art Aha-Erlebnisse bekannt ist, ist die Firma Walden, deren Gründer P.W. Chen bereits seit den frühen 70er Jahren fleißig Erfahrungen im Gitarrenbau sammelt. Ob auch die uns vom deutschen Walden Vertrieb M und T zur Verfügung gestellte N550CE, eine elektroakustische Konzertgitarre, für ein solches Fazit gut ist, erfahrt ihr in unserem folgenden PG Test.

Genau wie beim ersten Zusammentreffen zweier Menschen, verhält es sich auch beim ersten Kontakt eines Musikers mit einem Instrument: Der erste Eindruck ist der wichtigste. Und in dieser Hinsicht weiß die N550CE aus dem Stand zu punkten. Aber die Gitarre, die in ihrer Bauform und Dimensionierung als typische Konzertgitarre zu bezeichnen ist, hält auch dem zweiten Blick stand und hat sich die Bezeichnung „gut verarbeitet“ absolut verdient. Die Decke der Gitarre besteht aus massiver Fichte, Boden und Zargen wurden aus Sapele Mahagoni gefertigt – eine amtliche Basis für einen guten Grundsound. Die Tonhölzer wurden sauber in Form geshapt und makellos zusammengefügt und verschliffen. Die beiden Hälften des 2-teilig ausgeführten Boden sind mittig „verfugt“ und von innen durch eine stabile Leiste gesichert. Eine fächerförmige Deckenbeleistung im typischen Torres-Hauser-Style sorgt für Stabilität, lässt dabei aber trotzdem genügend Raum für „Schwingungen“. Raum für's Spiel schafft der üppige Cutaway, der Zugriff auf die höchsten Lagen des aus Mahagoni gefertigten Halses gewährt. Das Griffbrett besteht aus Palisander und bietet Platz für 19. sauber eingesetzte und abgerichtete Bünde. Die Saitenlage ist von Werk ab sehr gut eingestellt und sorgt, in Verbindung mit dem verwendeten Halsshaping, vom Saitenanfang bis zum Saitenende für ein angenehmes Spielgefühl. Die Kopfplatte ist standesgemäß „gefenstert“ und trägt sechs offene Mechaniken im typischen Classic-Style, mit weißen Schmetterlingsknöpfen und vergoldeten Metallparts. Die „Stimmer“ arbeiten präzise und fein, so dass ein amtliches Tuning gewährleistet ist.

Der Steg der N550CE wurde aus Palisander gefertigt. Unter der Stegeinlage schlägt das elektroakustische Herz der N550CE: ein Fishman Piezo-Pickup. Seinen Gegenpart findet der bewährte Abnehmer in einem oben in der Zarge geparkten Fishman Classic 4 Preamp. Der schwarze Aktivposten wird über eine 9V Blockbatterie mit Strom versorgt und bietet dem User, neben dem obligatorischen Volume-Schieberegler, einen 4-Band EQ sowie eine Batterie-LED. Die Klinkenbuchse hat Walden im Gurt-Endpin versteckt.

Die Praxis

Die Gitarre liegt angenehm in der Hand und vermittelt ohne Eingewöhnungszeit über alle Lagen hinweg ein ausgezeichnetes Spielgefühl. Wegen der relativ dicken Decke ist der rein akustische Sound, abgesehen von einem lauten Attackpeak unmittelbar nach dem Anschlagen, verhältnismäßig leise. Die Bässe und das Sustain sind nur mäßig ausgeprägt und so klingt die Gitarre im ersten Moment ein wenig dünn und steif. Bei dieser Bewertung darf man allerdings eines nicht vergessen: Die N550CE ist keine reine Akustikgitarre, sondern wurde von Walden in erster Linie für den elektroakustischen Betrieb konzipiert. Und in dieser Disziplin präsentiert sich die Gitarre wesentlich selbstbewusster. Da der Obertonbereich der N550CE komplex aufgebaut und sehr lebendig ist, kann es sich sogar durchaus lohnen im Studio zusätzlich zur Piezoabnahme, ein Mikrofon aufzubauen (siehe PG Gearcheck Audio). Der Natursound der Gitarre mischt sich angenehm mit dem Piezosignal und das fertige Endprodukt kann sich wirklich hören lassen. Aber auch das reine Tonabnehmersignal ist von guter Qualität. Im Bass- und Mittenbereich klingt der Sound natürlich und voll und es sind genügend Frequenz-Reserven vorhanden, um die Gitarre im Mix optimal positionieren zu können. Typischem Piezoknarzen kann man problemlos aus dem Weg gehen, indem man die Brillance und Trebleregler linear eingestellt lässt. Überhaupt: Mit ein wenig Fingerspitzengefühl beim EQ-Einsatz lassen sich, sowohl im Fingerstyle, als auch mit dem Plektrum gespielt, sehr gute Ergebnisse erzielen - klassisch, poppisch oder jazzisch, im Studio oder dem Proberaum. Und auf der Bühne schließt sich dann der Kreis: dank der reduzierten Bässe im rein akustischen Betrieb braucht man sich nämlich On Stage keinerlei Sorgen um unangenehme Feedbacks zu machen.

Fazit

Mit der N550CE tritt Walden den Beweis an, dass es durchaus möglich ist eine richtig gute Qualität, zu einem verblüffend niedrigen Preis anbieten zu können. Die Gitarre ist sehr gut verarbeitet, bietet eine hervorragende Bespielbarkeit und macht, besonders in ihrer Paradedisziplin dem verstärkten Spiel, einen wirklich guten Job. Gitarristen, die eine elektroakustische Nylonstring für die Bühne oder den Schnappschuss im Studio suchen, sollten die N550CE unbedingt mal antesten. Und bei einer UVP von schlanken 356,00 Euro ist der „Mitnehm-Reflex“ nicht von schlechten Eltern.

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