Crate V Serie V3112

100% Röhre - 100% Performance - 100% Stil

ein Test von Hansi Tietgen

Mit der V-Serie hat sich der in St.Louis ansässige Hersteller Crate das Ziel gesetzt durch eine clevere Kombination bewährter Röhrentechnik mit praktischen, userorientierten Features und individuellen hot-rodded Sounds eine neue Dekade im Bau von Vollröhren-Verstärkern einzuläuten. Jüngster Spross in der Vollröhren-Familie ist der V3112, ein kompakter Class A 2-Kanal Combo-Amp im edlen Vintage-Outfit. PG ist der stylishe Vollröhrer bereits auf der letzten Musikmesse aufgefallen und entsprechend groß waren auch die Erwartungen als wir das gute Stück beim deutschen Crate Vertrieb Musik und Technik im hessischen Marburg abholten.

In Anlehnung an sein Class A Herz kommt der handliche Combo Amp in einem sehr attraktiven Vintage-Design. Das Gehäuse des "Toploaders" besteht aus robustem Birkensperrholz das mit edlem, dezent strukturierten schwarzen Tolex bezogen wurde. Die Lautsprecherbespannung übernimmt ein schwarzer, silbern durchwirkter Bespannstoff. Black Sparkle nennen die Crate-Designer den edlen Zwirn und treffen damit den Nagel auf den Kopf. Ein verchromtes, mittig angebrachtes "30V" Logo prägt das Erscheinungsbild der Front und unterstreicht die schlichte, aber sehr edle Optik des kleinen "Vollröhrers". In Anlehnung an klassische Class A Amps findet man die Bedienelemente auf der Amp-Oberseite. Das Layout des Panels ist klar strukturiert. Verchromte Metall-Potiknöpfe sorgen für den nötigen Kontrast zur schwarzen Grundplatte. Alle Aufdrucke und Skalierungen sind in creme gehalten. Die Rückseite des Amps ist offen. Die Anschlüsse für den Lautsprecher, das Netzkabel, Line In und Out, sowie die Fußschalter-Anschlussbuchse finden versteckt auf der Unterseite des Elektronikchassis platz. Aber keine Sorge: Fehlbelegungen werden durch eine kleine auf der Rückplatte angebrachte Metallplakette vermieden, die effektiv den rechten Weg zu den einzelnen "Ports" weist. Der Transport des Amps erfolgt standesgemäß - ein Griff aus robustem schwarzen Leder sorgt für angenehmen Tragekomfort. Und damit der Transport auch ohne Folgen bleibt werden die Ecken des Combos durch schwarze, robuste Metallecken geschützt.

Details

Die Basis der V3112 Performance bildet eine klassische Class A Schaltung. Die Endstufe ist mit vier EL84 "Glaskolben" der Firma Groove Tubes ausgestattet und liefert stattliche 30 Röhrenwatt. Die verwendeten Röhren sind bekannt für ihre Dynamik und versorgen schon bei einer moderaten Lautstärke mit satten, sahnigen Zerrsounds. Dabei ist die Performance, im Vergleich zu den ebenfalls sehr beliebten EL34 Röhren, weniger rauh und im Bassbereich etwas voller - im Volksmund wird dieses Klangerlebnis gerne mit dem Label "amerikanischer Sound" belegt. In der Vorstufe des Amps werkeln drei 12 AX7 Röhren. Ein speziell angepasster 12" Celestion Lautsprecher setzt den Sound perfekt an die Luft.

Dem Vintage-Konzept des Amps folgend kommt der Clean-Kanal mit nur einem Regler aus. Dem Clean-Volume fallen also prinzipiell gleich zwei Aufgabenbereiche zu: Zum einen lässt sich mit seiner Hilfe die Gesamtlautstärke des Kanals anpassen. Zum anderen steigt, parallel zur Erhöhung des Levels, aber natürlich auch die Intensität der gelieferten Kompression. Dabei kann man die Abstimmung des Wirkungsgrads des Reglers als absolut gelungen bezeichnen. So liefert der V3112 in der ersten Hälfte des Regelwegs volle, megadynamische Clean-Sounds. In der zweiten Hälfte fährt die Endstufe mehr und mehr in die Sättigung und verwöhnt mit feinzeichnenden, perfekt "inszenierten" Blues-Sounds (siehe auch Praxis). Den Extrakick im Mittenbereich und damit ein Plus an Power liefert der aktivierte Boost (+10dB/900 Hz). Ein Feature, das sich übrigens beide Amp-Kanäle teilen. Die individuelle Anpassung der Sounds an persönliche Vorlieben und die Bedürfnisse der gerade zu bedienende Stilistik erfolgt über eine sehr geschmackvoll abgestimmte 3-Band Klangregelung, die in beiden Kanälen einen hervorragenden Job macht. Der Lead-Kanal des V3112 kommt mit einem Gain-Regler zur Bestimmung der Zerrintensität. Die Kontrolle über die Gesamtlautstärke der Performance übernimmt der Overdrive-Level Regler. Fehlt uns noch der Presence-Switch. Genau wie sein Gegenspieler im Mittenbereich hebt auch dieser smarte Schalter ein speziell definiertes Frequenzband an. Das Aktivieren des Tasters boostet die Höhen bei 10 Khz und sorgt so für einen crisperen, transparenteren Höreindruck und ein damit einhergehendes Plus an Durchsetzungskraft. Freunde einer gepflegten Räumlichkeit kommen beim integrierten Federhall voll auf ihre Kosten. Die Effektintensität lässt sich mit Hilfe des Reverb-Reglers bestimmen. Der bereitgestellte Effekt ist sehr natürlich und bleibt auch bei massiverem Einsatz transparent und differenziert.

Ein zusätzlicher Effektweg zum Einschleifen externer Effektgeräte und die Möglichkeit Mitten Boost- und Kanalumschaltung per 2-Wege Fußtaster (im Lieferumfang enthalten) fern zu bedienen runden das Angebot ab und machen den Combo-Amp zu einer universell einsetzbaren Maschine. Unterstrichen wird diese Flexibilität nicht zuletzt auch durch die Tatsache, dass sich der V3112 alternativ mit einer externen Box (8Ohm) betreiben lässt. Da der interne Speaker "quasi von Werk ab" über ein Kabel mit dem verfügbaren Lautsprecher-Ausgang verlinkt ist, muss dieser zuvor "lahm gelegt" werden. Der Anschluss der externen Box erfolgt dann - standardmäßig - mit Hilfe eines geeigneten Klinkenkabels.

Die Praxis

Sound-Info: Der Test des Amps fand in Verbindung mit einer Epiphone Boneyard Les Paul und einer MusicMan Axis SuperSport statt. Für die Aufnahmen zum PG Gear Check wurde der Verstärker mit einem Sure SM 57 Mikro abgenommen.

Unser Test-Zyklus startet im Clean-Kanal des Amps in Kombination mit der Boneyard. In dieser Konfiguration liefert der V3112 kraftvolle, sehr dynamische Clean-Sounds mit allen Vorzügen eines reinrassigen Class A Amps, aber ohne dessen Klischees. Der Crate reagiert sehr spontan und dynamisch auf alle Spieldetails und verwöhnt mit einer Transparenz und Offenheit wie sie in dieser Form nur ein Vollröhrenamp bereitstellen kann. Bei steigendem Volume-Level wird der Sound immer dichter und am Ende des Regelwegs angekommen sind dann auch singende Blues Leadsounds drin - gerade dann, wenn man eine Gitarre mit kräftigen Pick-Ups verwendet. Noch mehr Dampf erhält die Performance bei aktivierter Boost-Schaltung. Die Lautstärke ist dann allerdings schon ziemlich heftig. Aber was soll´s: Schließlich machen die grundsolide Konstruktion des V3112 und der verwendete Celestion auch intensivere "Beschallungen" ohne Murren mit. Das Spektrum der gelieferten Sounds stellt sich stilistisch sehr breit auf und so lassen sich mit dem kompakten Crate alle Spielarten zum Thema "Clean" problemlos realisieren. Wer Sounds mit mehr Transparenz und Twäng sucht, der wird bei aktivierter Presence-Schaltung bestens bedient. Die Verstärkung der Höhen bei 10Khz um satte 8dB versorgt die Performance mit schnittiger Durchsetzungskraft. Für alle Clean-Sounds gilt: Die Power der 30 Watt Endstufe reicht vollkommen aus um lautstärketechnisch in jeder musikalischen Situation mithalten zu können.

Die Begutachtung des Lead-Kanals startet bei reduziertem Gain und dem Mastervolume auf "Proberaum-Level". Schon in dieser Einstellung lässt der Amp erahnen, dass er in Sachen Gain mehr zu bieten hat als es sein Vintage-Outfit vielleicht vermuten lässt. Der gelieferte Crunch-Sound ist dicht und sehr harmonisch verzerrt. Je nach aktiviertem Pick-Up und Einstellung der Klangregelung lassen sich mit dem Amp coole Crunch-Akkord Riffs genauso problemlos an die Luft setzen, wie sahnig schmeichelnde Blues-Leadsounds. Die Dynamik und das Anspracheverhalten sind fantastisch. Der V3112 reagiere fast so als sei er ein lebendiges Wesen. Alle Spieldetails werden bereitwillig angenommen und im Sound umgesetzt. Das Steigern des Gain-Levels bestätigt die zu Beginn geäußerte Vermutung. Mit dem V3112 sind auch satt verzerrte Heavyriffs kein Thema. Seine wahre Passion aber sind sahnige, sustainreiche Lead-Sounds. Und was sich hier tut hat mit Vintage wenig zu tun. Die gelieferten Sounds können problemlos mit jedem modernen Gitarren-Amp mithalten und sind von exzellenter Qualität. Dank der sehr präzise arbeitenden Klangregelung und der effektiven Features Boost-, und Presence-Switch lassen sich alle zeitgenössischen Stilistiken realisieren. Dabei reicht die gelieferte Verzerrung vollkommen aus um auch gainintensive Techniken wie z.B. das Legato-Spiel zu unterstützen. Aber auch Picking-Passagen kommen sauber und extrem differenziert rüber. Dabei ist der Grundsound des Amps zu jeder Zeit warm, unglaublich cremig und mit satten glockigen Obertönen ausgestattet. Wer es gerne ein bisschen "schneidiger" mag der kommt bei aktivierter Presence-Schaltung auf seine Kosten.

Fazit

Mit dem optisch gelungenen und hervorragend verarbeiteten V3112 ergänzt Crate seine V-Serie um ein weiteres Highlight. Der reinrassige Vollröhren Comboamp bietet alle Vorzüge klassischen Class A Röhrendesigns, ohne dabei allerdings Gefahr zu laufen sich stilistisch von vornherein allzu sehr festzulegen. So hat der kompakte, gut transportierbare Amp vintageorientierte, superdynamische Clean-, und Crunchsounds genauso selbstverständlich im Angebot, wie fette, sahnige Leadsounds mit modernem Flair. Die gelieferte Qualität und die Lebendigkeit der Performance, mit singenden Obertönen und einer feinzeichnenden Abbildung von Spieldetails wird jedem Gitarristen ein Lächeln auf´s Gesicht zaubern. Smarte Features wie der Boost-, und Presence-Switch, ein hochwertiger Federhall und der ergänzende Effektweg runden das Angebot ab und machen den V3112 zu einer universell einsetzbaren "Maschine", mit dem Anspruch auch professionell arbeitende Musiker zu 100% zufrieden stellen zu können. Und der Preis kann sich ganz nebenbei auch noch sehen lassen...

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