Heiße Kurven, coole Sounds

Die MusicMan Silhouette Special

Ein Test von Hansi Tietgen

Im nächsten Jahr feiert die Music Man Silhouette ihren 20ten Geburtstag. Und trotz ihres noch jungen Lebens hat die junge Dame schon so manchem Musiker den Kopf verdreht. Eigentlich ja klar. Bei dieser Ausstattung!: So verblüffte die aus hochwertigen Materialien gefertigte Gitarre die Szene seinerzeit gleich mit einer ganzen Reihe innovativer neuer Features, wie einem teflonbeschichteten Halsstellstab, einer ohne Spezialwerkzeug zu bedienenden Halsstellschraube, oder der legendären 4 zu 2 Anordnung der Mechaniken. Kein Wunder also, dass selbst ein Equipment-verwöhnter Profi wie der Rolling Stones Gitarrist Keith Richards die Gitarre in einem Guitar Player Interview als eindrucksvollstes Instrument seit der Strat, oder der Tele bezeichnete. Die uns zum Test vorliegende Silhouette Special, eine Variation der Ur-Silhouette wurde zehn Jahre später 1996 eingeführt und war eine der ersten Gitarre die in Sachen Whammy Bar auf die schlagkräftige Kombination eines Vintagestyle Tremolosystems mit Locking Mechaniken setzte . Ebenfalls neu war die patentierte "Silent Circuit" Electronic, eine smarte Schaltung, die für eine nahezu nebengeräuschfreie Singlecoil-Performance sorgt.

Neben der erstklassigen technischen Ausstattung sieht die Gitarre aber auch noch richtig heiß aus. Und das ist mit ein Grund warum jetzt eine Silhouette Special hier in meinen Armen liegt und darauf wartet ausgiebig getestet zu werden. Aber mal im Ernst. Ausschlaggebend für den Test war mein Wunsch mir eine neue Gitarre zu kaufen. Sie sollte mit einem "drehfreudigen" Humbucker an der Bridge und zwei Singlecoils in der Mittel-, und Halsposition ausgestattet sein und - natürlich - ein Tremolo besitzen. Wenn sie dann auch noch gut aussieht- um so besser. Und dann passierte es: Während eines Besuchs beim deutschen MusicMan Vertrieb sah ich eine Anzeigen-Vorlage, die mich unmittelbar in ihren Bann zog. Das ausgedruckte Din-A4 Blättchen zeigte eine rassige, blutrote Silhouette Special mit schwarzem Black Ice Schlagbrett und trug eine ebenso martialische, wie kompromisslose Überschrift: It´s a killer! Alles klar! Das Teil musste ich testen. Nach einem kurzen Gespräch mit Philipp Salb, dem Ernie Ball/Music Man Produktmanager war die Sache gebongt. Drei Silhouettes in diesem oberheißen Outfit waren bereist im Container unterwegs nach "Good Old Germany" und eine davon war für unseren Test reserviert. Super! Das ist ein Wort.

Ich möchte dir jetzt eine detaillierte Beschreibung meiner Gefühle während des Wartens und nach dem Eintreffen und Öffnen des Kartons und des Koffers ersparen und mich auf das gewohnt nüchterne Niveau eines erfahrenen Testers zurück begeben, der seinen Job mit der gebotenen Distanz erledigt. Also dann mal los: Wow, die Gitarre sieht ja noch besser aus, als auf dem Bild. Ruhig Blut Junge. Denke an den Test! Der Korpus der Gitarre besteht aus Erle und folgt dem klassischen Silhouette-Shaping mit den typischen, scharf angefrästen Cutaways. Erle ist ein im Gitarrenbau sehr beliebtes Tonholz, besitzt eine mittlere Dichte und liefert einen obertonreichen, ausgewogenen Klang, mit dezenten Höhen und Bässen. Gerade bei der Fertigung von E-Gitarren Bodies hat sich Erle besonders bewährt und nicht umsonst war das Holz auch für Leo Fender (übrigens der Gründer der Firma Music Man) in jeder Phase seines Schaffens die erste Wahl. In Sachen Lackierung setzt Music Man bei dem Schmückstück auf strapazierfähiges High Gloss Polyester im wirklich aufregenden Farbton Radiance Red, einem dunklen Rot mit dezentem Metallic-Effekt. Ein weiterer Hingucker ist das musicmantypisch geformte Schlagbrett. Das verwendete Design hört auf den Namen Black Ice und steht in einem aufregenden Kontrast zum rotlackierten Korpus der Gitarre.

In Sachen Motorisierung setzt die Silhouette auf die flexible HSS Bestückung, mit einem leistungsstarken Customwound DiMarzio Humbucker an der Bridge und zwei ebenfalls exklusiv gewickelten Singlecoils in Mittel-, und Halsposition. Geschaltet werden die drei schwarzen Generatoren über einen 5-Wege Pickup Wahlschalter. Die Kontrolle übernehmen ein Master-Tone und Volume-Regler.

Letztes Ausstattungsdetail der Korpus-Front ist das MusicMan Vintage-Tremolo. Das moderne System wird an zwei Bolzen gelagert. Geschliffene Messerkanten an der Grundplatte der Bridge sorgen für einen reibungsarmen und in der Folge, verstimmungsfreien Betrieb. Musicman-typisches Detail: Die z-förmig nach hinten auslaufende Grundplatte "hebt" die Anschlagshand über die Reiter und macht, dank ihrer glatt verchromten Oberfläche, jeden Positionswechsel zum Kinderspiel. Die höhenverstellbar Saitenreiter selber bestehen aus gebogenem, gehärteten Stahl. Dies sorgt, im Vergleich zu aus solidem Material gefertigten Reitern, für eine schneller Ansprache. Okay, natürlich liegt das fast schon im Bereich des esoterischen, Tatsache ist aber, dass Kenner der Szene gerade alte Fender-Hardware genau wegen dieses Bau-Details so überaus schätzen. Es kann also garantiert nicht schaden, dass auch MusicMan dieser Philosophie folgt.

Auf der Rückseite der Silhouette Special finden wir, neben der Abdeckung der Federkammer, dass Fach für die 9V Blockbatterie. Diese dient zur Strom-Versorgung der Silent Circuit Schaltung, einem von Music Man zum Patent angemeldeten Tool zur effektiven Unterdrückung der Nebengeräusche von Singlecoil-Pickups.

Der Hals

Der aus knallhartem Ahorn gefertigte, einteilige Hals wird durch 5-Bolzen fest mit dem Korpus verbunden. Eine perfekt gefräste Einpassung sorgt für 100% spielfreien Sitz und - in der Folge- eine optimale Schwingungsübertragung. Dank des ergonomisch geformten Hals/Korpus Übergangs, des sogenannten Sculpted Neck Joint, sind auch die hohen Lagen schnell und komfortabel zu erreichen. Für einen sicheren Schutz des Holzes sorgt die Musicman-typische Kombination aus einem speziellen "Gunstock-Oil" und handaufgebrachtem Wachs. Die so entsehende Textur überzeugt auf der ganzen Linie und vermittelt ein sehr natürliches Spielgefühl. In Sachen Griffbrett-Material hat sich Music Man bei der Silhouette Special für Palisander entschieden. Das Griffbrett ist mit 22 sehr sauber eingesetzten Bünden im Medium-Jumbo Format beschlagen und kommt mit einem Radius von komfortablen 10".

Kommen wir zur Kopfplatte mit den 4 zu 2 angeordneten Mechaniken - zusammen genommen das Markenzeichen aller Gitarren aus dem Hause MusicMan. Die Kopfplatte kommt im Matching Headstock Design, ihre Front ist also in "wagenfarbe" lackiert, Rückseite und Seiten werden durch Klarlack geschützt Die Klarlack-Versiegelung reicht bis zum Sattel. Danach folgt, wie eben schon erwähnt, der eigentliche Arbeitsplatz, mit seiner gewachsten und geölten Oberfläche. Ein silbernes Ernie Ball/Music Man Logo und der Silhouette Special Schriftzug auf der Front dokumentieren die Familienzugehörigkeit. Bleiben uns noch die Mechaniken. Die hier verwendeten verchromten Schaller M6-IND Locking Typ Tuner sind ganz edle Stücke und gehören zum besten, was die Szene zu bieten hat. Dank der Möglichkeit der Saitenarretierung durch das kinderleicht zu bedienende Locking-System, überzeugt die Gitarre mit einer Stimmstabilität, wie sie besser nicht sein könnte - auch dann, wenn es am Hebel mal etwas heftiger zur Sachen geht. Eine Fräsung für die Halsstellschraube sucht man vergebens. Die befindet sich - musicmantypisch- am unteren Ende des Halses und kann, wie im Intro schon erwähnt, ganz ohne Spezialwerkzeug bedient werden.

Die Praxis

Jetzt wird´s richtig interessant. Der Praxistest steht an. Als Verstärker kommen ein Hughes&Kettner Warp X und ein Trilogy zum Einsatz. Die recht zierliche Gitarre lässt sich sehr angenehm "händeln" und hängt angenehm ausgewogen am Gurt. Mit knappen 3,2 Kilo Abflug-Gewicht ist sie ein rechtes Leichtgewicht und wird auch bei langen Sessions keine Probleme machen. Akustisch gespielt liefert die Silhouette einen knackigen, sustainreichen Sound mit einer unmittelbaren Ansprache. Aber wer will eine E-Gitarre schon akustisch spielen! Schnell das Klinkenkabel aus dem Schuber geholt und ab geht´s!

Die Tonabnehmerbestückung lässt auf Allround-Eigenschaften schließen - das wäre genau das, was ich suche! Schauen wir einmal, was der Doppelspuler in der Bridge-Position in Verbindung mit dem Distortion-Kanal des Amps zu leisten im Stande ist. Okay, das geht doch richtig gut los! Der DiMarzio liefert satte Power und heizt dem Class-A Amp ordentlich ein. Das Ergebnis kann sich hören lassen Dank brillanter Obertöne und einem ausgewogenen Cocktail aus Bässen und Mitten lassen sich beinharte Heavy-Riffs (auch in Drop D) genauso problemlos realisieren, wie wilde HiSpeed Singlenote-Exzesse oder sahnig verzerrte Melodie-Linien. Die Bespielbarkeit des gewachsten Halses ist wirklich perfekt und macht alles mit, was man drauf hat. Echte Highlights sind auch die Singglecoil-Sounds. Dabei entpuppt sich der DiMarzio in der Mittel-Position als Spezialist für glockig klingelnde, sehr offene Lead-, und Rhythmussound in bester Einspuler-Manier. Mit dem Singlecoil in der Hals-Position sind, dank entsprechender Power und den Eigenschaften des verbauten Tonholzes, auch Stevie Ray Vaughan-mäßige Texas-Blues-Einlagen problemlos möglich - was will man mehr. Auch der Silent Circuit Schaltung kann man Bestnoten geben. Quasi unbemerkt vom User sorgt sie für eine absolut nebengeräuscharme Singlecoil-Performance, ohne dabei die begehrte Charakteristik der Sounds anzugreifen. Der positive Eindruck setzt sich auch im Clean-Modus fort. Wenn man auf knackig glockige Arpeggio-Sounds steht wird man genauso fündig, wie auf der Suche nach der ultimativen Funk-Performance.

Fazit

Die rassig gestylte Silhouette-Special macht ihrer Konzeption als Allround-Instrument alle Ehre. Die erstklassig verarbeitete Gitarre verwöhnt mit einer sehr guten Bespielbarkeit und einem exzellenten Handling und liefert alle Sounds, die man als Gitarrist heutzutage braucht. So sind drückende Drop-Riffs genauso selbstverständlich im Angebot, wie sahnig singende Leads. Aber auch die beiden DiMarzio Singlecoils in der Mittel-, und Bridge-Position machen einen perfekten Job und sorgen für ein breites Spektrum der angesagtesten "Einspul-Sounds" - und das auf höchstem Niveau. Dabei entpuppt sich die patentierte Silent-Circuit Schaltung als schlagkräftiger Helfer und so gehören "unangemeldete" Nebengeräusche durch "freche" Einstreuungen mit der Silhouette Special um den Hals der Vergangenheit an - auch dann, wenn man es in Sachen Distortion richtig krachen lässt. Alles in allem ist die Silhouette Special eine perfekt ausgestattete E-Gitarre, die in wirklich jeder erdenklichen Stilrichtung hervorragende Dienste leisten kann und sich so das Prädikat "Profi-Allrounder" redlich verdient hat.

Specs
  • Hersteller: Music Man
  • Modell: Silhouette Special
  • Body: Erle
  • Finish: Radiance Red
  • Schlagbrett: Black Ice
  • Hals: Ahorn/geölt und gewachst
  • Griffbrett: Palisander
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 22 High Profile/ Medium Width
  • Inlay: Dot Inlays
  • Radius: 10" (254 mm)
  • Halsbreite: Sattel: 41,3mm 12. Bd.: 52,3mm
  • Mechaniken: Schaller M6-IND Locking
  • Bridge: MusicMan Vintage Tremolo
  • Pickups: 1x DiMarzio Custom Wound Humbucker, 2x DiMarzio Single Coils
  • Schalter: 5-Wege Pickup Wahlschalter
  • Regler: 1x Volume,1x Tone-
  • Special: patentierte MusicMan Silent Circuit Schaltung
  • Preis: U.V.P.: 2157,50 Euro inkl. Music Man Luxus Koffer

Die Test-Sounds zum Download: No1 - No2 - No3

Planet Guitar Home
Zum PG - Forum
Test Archiv
© Planet Guitar