Mondsüchtig-

Planet Guitar Interview mit dem Silbermond Bassisten Johannes Stolle

Nach ihrem erfolgreichen Debüt „Verschwende deine Zeit“ aus dem Jahr 2004, verblüfften Silbermond die Szene kürzlich mit ihrem Sequel „Laut gedacht“ und 15 tough rockenden Songs. PG traf sich mit Basser Johannes Stolle und sprach mit ihm über Plattenfirmen, charakterstarke Entscheidungen, die neuen Songs und natürlich über Bässe!

?PG: Johannes, ihr habt ja quasi als Schülerband angefangen. Irgendwann ist man allerdings mit der Schule fertig und dann stellt sich für einen Musiker zwangsläufig die entscheidende, aber ziemlich gemeine Frage: Was jetzt, Ausbildung oder „Mucke“? Wie ist das bei euch abgelaufen?

!Johannes Stolle: Das war eigentlich ein fließender Prozess. Als wir uns kennen lernten, waren wir zwischen 13 und 15 Jahre alt. Da wir trotz unserer jungen Jahre bereits intensive Erfahrungen mit dem Musik machen hatten, brauchten wir keine lange Vorlaufzeit und konnten sofort loslegen. Zuerst trafen wir uns nur sporadisch einmal die Woche zum Proben. Das Ganze machte uns aber so viel Spaß, dass wir innerhalb kürzester Zeit ein Programm auf den Beinen hatten und regelmäßig an den Wochenenden in Bauzen und Umgebung spielten. Die Band wurde uns immer wichtiger; die Sache mit der Musik ernster und ernster. Da ich ein bisschen älter bin als die anderen und dementsprechend eher mit der Schule fertig war, wurde ich als erster mit der Frage „Was nun“ konfrontiert. Ich entschied mich dazu mich erst mal an der Uni einzuschreiben. Quasi zur Überbrückung, bis die anderen soweit waren. Thomas und Andreas hatten in der Zwischenzeit ihr Abi in der Tasche und machten ihren Zivildienst. Steffi, die Jüngste, baute ihr Abitur. Als schließlich alle fertig waren kam die Zeit eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen wie es weitergehen soll. Da wir uns menschlich wirklich super verstanden und die Band einfach unser Ding war, entschlossen wir uns ernsthaft zu versuchen von der Musik zu leben. Wir schmissen unsere gesamten Ersparnisse zusammen und gaben Gas. An einen Plattenvertrag, oder überregionale Erfolge war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht mal ansatzweise zu denken. Wir hörten auf unser Herz. Entweder wir versuchten es jetzt, oder nie.

?PG: Eine mutige Entscheidung. Was haben eure Eltern gesagt?

!JS: In dieser Hinsicht hatten wir wirklich Glück. Wir alle stammen aus sehr musikalischen Familien und so hatten wir volle Rückendeckung. Dazu kam: Wir waren noch ziemlich jung und so hätten wir, falls es mit der Musik nicht geklappt hätte, ja immer noch umdisponieren und etwas anderes machen können. Auf dieser Basis konnten wir uns mit unseren Eltern einigen.

?PG: Wie sah eurer Plan aus? Hattet ihr von vornherein das Ziel eigene Songs zu schreiben und euch um einen Plattenvertrag zu bemühen?

!JS: Da hol ich mal ein bisschen aus. Wie die meisten Bands, haben wir natürlich am Anfang erst einmal ausschließlich Songs unserer Favoriten gecovert und mit dem Repertoire auf Stadtfesten und Feten gespielt. Die Leute sind zwar super mitgegangen aber es waren halt nicht unsere Songs, die sie abheben ließen. Irgendwie war das für uns ziemlich unbefriedigend. Wir hatten den Traum, das Publikum mit eigenen Songs abzuholen. Also schwenkten wir um und komponierten fortan eigene Stücke – zunächst mit englischen Texten. Doch obwohl es ganz gut lief, hatten wir schnell ein neues Problem. Durch unser Schulenglisch waren uns unsere Texte einfach zu flach. Und mit Floskeln wie „I love you“ oder „I miss you“ (lacht) konnte wir, wenn überhaupt, nur zart an der Oberfläche kratzen. Als Konsequenz daraus versuchten wir es auf Deutsch. Dazu muss man wissen, dass es im Jahr 2000 noch absolut verpönt war deutsch zu singen. Entsprechend waren die Reaktionen: „Was ist denn mit denen los. Macht ihr jetzt Schlager, oder was“, waren noch die nettesten Kommentare. Uns war das egal. Wir hatten unseren Weg gefunden. Und mit Schlager hatte unsere Musik ja ohnehin nichts zu tun!

?PG: Ich habe in eurer Bio gelesen, dass ihr 2003 von der BMG einen Vertrag in Aussicht gestellt bekamt, den ihr damals allerdings nicht angenommen habt. Warum?

!JS: Genau. Das war so: Wir hatten in der Zwischenzeit ein Produzententeam in Berlin gefunden und auf eigenes Risiko einige unserer Songs als Demos produziert. Die haben wir dann, wie man das gemeinhin so macht, an diverse große Labels geschickt. Das muss im Herbst 2003 gewesen sein. Einige Labels zeigten Interesse und fragten an wo sie uns live sehen könnten. Also entschlossen wir uns einen Gig in einem Berliner Club zu organisieren, zu dem wir die interessierten Plattenfirmen einluden. Und es kamen einige – von der Warte her gesehen war das ganze also schon mal als Erfolg zu verbuchen. Die Berliner BMG war begeistert und bot uns besagten Deal an. Wir waren zunächst total aus dem Häuschen. Als wir allerdings ein paar Tage später erfuhren, dass man Bedingungen an den Vertrag knüpfte, kühlten wir uns schnell wieder ab. Unsere Musik sei zu rockig. Wir sollten poppiger, chartkompatibler werden und mit Synthies arbeiten. Außerdem könnte man mit unserem Namen in Deutschland angeblich keinen Erfolg haben. Das passte uns alles überhaupt nicht und nachdem wir uns mit unseren Produzenten, Freunden und Eltern beraten hatten, lehnten wir ab.

?PG: Wieder eine charakterstarke Entscheidung. Hut ab! Wart ihr nicht irgendwie heiß auf den Deal, schließlich bekommt man so eine Chance nicht alle Tage?!

!JS: Natürlich haben wir im ersten Moment daran gedacht es zu machen. Aber Gott sei dank hatten wir gute Berater, die selber schon schlechte Erfahrungen mit Plattenfirmen gemacht hatten. Hätten wir die nicht gehabt wäre es vielleicht ganz anders gelaufen. Und ehrlich gesagt: Ein Plattenvertrag ist die eine Sache. Aber wenn du mit dem Team das dahintersteht nicht klar kommst und niemand so richtig was für dich tut, dann bringt auch ein Deal mit einer Major Company nichts!

?PG: Im Endeffekt seit ihr dann aber doch bei Sony BMG gelandet. Wie kam das?

!JS: Ein lustiger Zufall. Wir spielten einen Gig auf einem Stadtfest in Bauzen und wurden anschließend von einer jungen Frau angesprochen. Sie war total begeistert und fragte uns, ob wir schon einen Deal hätten. Als wir verneinten bat sie uns um eine Demo-Mappe. Sie arbeite für die BMG in München und würde das Material gerne dem zuständigen A&R vorlegen. Nach unserer Berliner Schlappe nahmen wir die Sache gar nicht ernst, händigten die Mappe aus und vergaßen das Ganze schnell wieder. Einige Wochen später bekamen wir einen Anruf von Arndt von der BMG München. Er war wirklich supernett und winkte nicht direkt mit einem Deal. Stattdessen wollte er uns zunächst erst einmal kennen lernen. Das fanden wir gut. Er kam dann mit einigen seiner Mitarbeiter nach Bauzen. Wir waren uns sofort sympathisch und vertrauten ihm. Arndt wollte uns nicht verändern, oder verbiegen, sondern uns auf unserem Weg unterstützen. In diesem Fall war der Deal perfekt! Im Herbst 2004 veröffentlichten wir unser Debüt-Album „Verschwende deine Zeit“, basierend auf dem Material, das wir bereits in Eigenleistung in Berlin produziert hatten.

?PG: Zwischen eurem Debüt und dem Release eures neuen Albums „Laut gedacht“ liegen zwei Jahre, prall gefüllt mit aufregenden Erlebnissen und jeder Menge Gigs. Die aktuellen Songs sind grundsätzliche härter geworden. Inwieweit glaubst du, liegt das an eurem kontinuierlichen Live-Spielen in den letzten Monaten?

!JS: Das hatte schon einen massiven Einfluss. Außerdem muss man wissen, dass einige Songs auf „Verschwende deine Zeit“zur Zeit des Release ja schon etwas älter waren. Somit spiegelt das Album unseren damaligen „Entwicklungs-Status“ nur bedingt wieder. Diesmal ist das anders. Diesmal ist sozusagen alles frisch (lacht). Unser neues Album sollte „live“ klingen – und ich denke, das tut es auch. Und da wir schon immer ein Faible für harte Riffs hatten, geht es diesmal noch ein bißchen tougher zur Sache, als auf dem letzten Album. Wir sind im Laufe der Zeit ohnehin dazu übergegangen auch unsere älteren Songs live etwas härter zu spielen. Bei den Fans kommt es super an!

?PG: Schreibt ihr eure Songs als Band, oder wie hat man sich das vorzustellen?

!JS: Der kreative Kopf ist schon Thomas (Stolle, Johannes Bruder und Gitarrist der Band). Von ihm stammen die meisten Grundideen – sowohl musikalisch, als auch inhaltlich. Die eigentlichen Songs und Arrangements entstehen dann aber im Teamwork als Band. Wir treffen uns im Proberaum, jammen auf Thomas Riffs und entwickeln so die Songs. Über die Jahre haben wir die Erfahrung gemacht, dass dies für uns der beste Weg ist.

?PG: Du bist Music Man Endorser. Ist das eigentlich ein Music Man im Intro von „Das Ende vom Kreis“?

!JS: Ja, einer meiner StingRays.

?PG: Wie bist du zur Marke Music Man gekommen?

!JS: Als alter Red Hot Chili Pepper Fan stand der StingRay bei mir natürlich von jeher sehr hoch im Kurs. Nachdem ich meine ersten Erfahrungen auf einem No Name Bass gemacht hatte, war es an der Zeit aufzurüsten. In einem Musikgeschäft habe ich dann die unterschiedlichsten Bässe angetestet. Unter anderem auch einen StingRay. Und der hat mich echt umgehauen. Ich brauche keinen Bass der einen geilen Sound hat und das war's. Ich brauche ein Instrument, dass mir eine Vielzahl erstklassiger Sounds liefert – auch im Studio. Und da bin ich bei meinen StingRays und der Piezo-Bridge bestens aufgehoben. Aber es war nicht nur der universell einsetzbare, druckvolle Sound der mich begeisterte. Ich finde die Bässe sehen auch supercool aus.

?PG: Spielst du auch andere Music Man Bässe als StingRays?

!JS: Ich habe schon großes Interesse am Bongo, bin bis jetzt aber noch nicht dazu gekommen, ihn in Ruhe zu checken.

?PG: Was hat dich dazu bewogen Bass zu spielen?

!JS: Mein Vater spielt Gitarre. Da er in seiner Jugend aber keine Möglichkeit hatte Unterricht zu nehmen, bliebt ihm nichts anderes übrig als sich die Grundlagen selbst beizubringen. Richtig zufrieden war er damit aber nie. Thomas und mir wollte er einen anderen Start ermöglichen und so meldete er uns als Kinder in der Musikschule an. Hier lernten wir sechs Jahre lang klassische Gitarre. Je älter wir wurden, desto konservativer empfanden wir allerdings die Ausbildung und so gründeten wir, quasi als Sideproject, gemeinsam mit unserem Nachbarn eine Band. Hier versuchten wir uns am Nachspielen von Songs unserer Favoriten: Den Chili Peppers. Thomas spielte E-Gitarre und ich Bass. Auf den Bass bin ich aber schon vorher gekommen. In der Musikschule gab es eine Jugend Big-Band die einen Basser suchte. Unsere Gitarrenlehrerin sollte alle ihre Schüler fragen, ob jemand Interesse hätte. Und so kam sie auch zu mir. Ich wusste damals zwar rein gar nichts über Bässe, geschweige denn das Bassspiel, sagte aber trotzdem zu. Die Musikschule lieh mir dann einen ihrer Schulbässe und es ging los. Ich fand es von Anfang an richtig geil. Bass spielen war genau mein Ding und so bin ich dabei geblieben. Parallel dazu fing mein Bruder an E-Gitarre zu spielen. Sein Gitarrenlehrer war von Haus aus selber E-Gitarrist und so versorgte er ihn, neben dem Klassik-Kram, mit dem nötigen Basis-Wissen. Ja, und wie gesagt. Dann kam noch unser Nachbar dazu, ein Drummer, und die erste Band konnte starten. Kurz darauf lernten wir dann Andreas und Stefanie kennen und der Rest ist Geschichte (lacht).

?PG: Ihr habt viele Band-Wettbewerbe mitgemacht. In den Medien werden ja mittlerweile immer mehr Casting-Shows abgefeiert und auch Rock-Wettbewerbe gibt’s fast an jeder Ecke. Was hältst du grundsätzlich davon?

!JS: Das sind natürlich zwei Paar Schuhe. Bei Casting-Shows wie DSDSS finde ich sehr schade, dass die Musik eigentlich nur Nebensache ist. Da geht es häufig mehr um Oberflächlichkeiten. Verstehe mich aber nicht falsch. Ich verurteile niemanden der da mitmacht. Es gibt phantastische Sänger und diese Art Shows sind sicher eine gute Plattform um sich zu präsentieren. Rock-Wettbewerbe finde ich hingegen supergeil – nicht nur weil wir selber einige mitgemacht haben. Ich finde für junge Bands stellt die Teilnahme ein echtes Ziel dar, auf das man hinarbeiten kann. Und das kann ein echter Motivationsschub sein. Wir unterstützen das auch selber. Auf der letzten Tour haben wir beispielsweise keine Vorgruppe mitgenommen, sondern stattdessen über eine Art Ausschreibung auf unserer Homepage lokale Schülerbands gesucht die vor unseren Gigs spielen wollten. Die interessierten Bands konnten uns Demos schicken, die wir uns brav anhörten. Unsere Favoriten haben wir dann eingeladen, uns bei einem unserer Gigs in ihrer jeweiligen Heimat-Region zu supporten.

?PG: Coole Sache. Johannes, danke für das ausführliche Gespräch und viel Erfolg bei eurer aktuellenTour!


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