Mission To Planet G- Musik Total

Stefan Raabs Saitenhelden Claus Fischer und Philip Niessen

Stefan Raabs Show TV Total mag vielleicht eine recht umstrittene Veranstaltung sein. In einer Sache sind sich aber Fans wie Kritiker einig: Seine Band gehört zum Besten, was man in Deutschland (und auch anderswo) hören kann. Egal ob harter Rock oder Pop, Jazz oder Country - die Jungs haben es drauf! Im November hatte Hansi Tietgen die Möglichkeit, die beiden Saitenbändiger der Band, den Bassisten und Gitarristen Claus Fischer und den Gitarristen Philip Niessen zu treffen, um mit ihnen über Stefan, die Show, den Job und natürlich ihren musikalischen Background zu klönen.

?Planet Guitar: Durch eure jobbedingte Medienpräsenz, seid ihr mittlerweile auch unter Nichtmusikern bekannt wie der sprichwörtliche bunte Hund. Welche Auswirkungen hat die breite Popularität eigentlich auf euer Leben als Musiker und natürlich auch euer Privatleben?

!Claus Fischer: Auf das Leben als Musiker eigentlich gar keine! Ich hatte Gott sei Dank auch vor der Zeit mit Stefan sehr viel zu tun und im Augenblick haben sich meine Aktivitäten halt auf die Arbeit mit der TV Total Band verlagert. Im Privatleben hat sich aber tatsächlich einiges verändert. Es ist schon ziemlich schräg, wenn wildfremde Leute dich anrufen, oder dir Fanpost schicken, obwohl deine Nummer und Adresse eigentlich nicht publik gemacht wurde. Und da sind mitunter wirklich ziemlich schräge Typen dabei, das kann ich dir sagen. Da auch Nichtmusiker uns mittlerweile kennen, passiert es natürlich auch immer wieder, dass mich wildfremde Leute auf der Straße ansprechen, mir auf die Schulter klopfen und fragen: "Hey Claus, alles dufte?" Und dabei ist es wirklich egal ob ich hier in Köln oder in Hamburg unterwegs bin. Die Popularität ist deutschlandweit. Ehrlich gesagt kann das Ganze dann doch ab und zu mal ziemlich nervig werden. Aber wenn man gut drauf ist, geht das schon klar!

Philip & Claus?PG: Eigentlich seit ihr ja viel mehr als "nur" die Begleitband der Show. Im Gegenteil: Im Konzept der Sendung spielt ihr eine ziemlich wichtige Rolle, schließlich bindet euch Stefan ja mit seinen Zoten regelmäßig auch auf der nichtmusikalischen Ebene in die Show ein.

!Philip Niessen: Ja, wir sind die Deppen vom Dienst (lacht!).

!CF: Das stimmt schon, aber das ist keine einseitige Sache. Wir können da problemlos gegenhalten. Stefan versteht in dieser Hinsicht mindestens genauso viel Spaß wie wir!

!PN: Und Stefan ist wirklich froh, dass er die Show nicht komplett alleine gestalten muss. Er findet es sehr angenehm, dass er nur rechts rüber schauen muss, um mit uns in Kontakt zu treten!

?PG: Wie sieht es mit der Auswahl der Songs aus. Habt ihr alle Freiheiten oder wird von außen Einfluss auf euer Repertoire genommen?

!CF: Mehr oder weniger. Obwohl wir die meisten Titel selber aussuchen, hat Stefan im Endeffekt das letzte Wort. Wir berücksichtigen bei unserer Auswahl von vornherein, dass er auf alte Funk- und Soulnummern steht. Während der Generalproben zu den Shows sitzt Stefan immer in seinem Büro und hört sich die von uns für den Abend geprobten Songs an. Wenn ihm eine Nummer absolut nicht gefällt gibt er uns Bescheid. Dann tauschen wir sie aus.

?PG: Wie bereitet ihr euch auf eine Show vor? Ich habe vorhin mitbekommen, dass ihr euch relativ früh am Tag trefft, um zu proben. Erarbeitet ihr in diesem Zusammenhang die für den Abend ausgewählten Nummern?

!PN: Teils, Teils. Mittlerweile haben wir ein riesiges Repertoire, auf das wir jederzeit zurückgreifen können. Entscheidend ist, dass wir von diesen Songs wissen, dass sie beim Publikum sehr gut ankommen. Natürlich sind wir trotzdem ständig bemüht, neue Titel zu proben und anzutesten. Manchmal geschieht das direkt vor der Show. Ab und zu treffen wir uns aber auch schon recht früh am Tag, um intensiv an neuem Material zu arbeiten.

Herb & The Heavytones!CF: Wir können mittlerweile auf einen Fundus von über vierhundert Songs zurückgreifen. Da wir bemüht sind Nummern nicht ständig zu wiederholen, motten wir gespielte Titel nach einer Show erst einmal für einige Monate ein. Damit wir solche Songs bei Bedarf schnell wieder am Start haben, haben wir alle jemals trainierten Nummern notiert und in dicken Arbeits-Mappen abgeheftet.

?PG: Claus, und dein Job ist der des Musical Directors?

!CF: Nein, dass kann man so nicht sagen. Vielleicht sieht es so aus, weil ich öfter mal "rumwinke" oder Zeichen für die Endings gebe. Aber unsere Band ist ein ganz demokratisches Projekt. Wir setzen auf Arbeitsteilung. Wolfgang (Keyboarder) schreibt die meisten Noten. Wenn er keine Zeit hat, übernehme ich den Job. Seit Philip mit im Boot ist, springt auch er häufiger mal ein. Das ist für mich sehr angenehm.

?PG: Wie sieht es aus, wenn ihr bekannte Künstler begleitet. Müsst ihr die Songs selber raushören, oder werdet ihr vom Management mit entsprechenden Sheets versorgt?

!CF: Auf die Noten, die man in solchen Fällen bekommt, kann man sich nicht verlassen. Wir haben das am Anfang mal ausprobiert, sind damit aber ziemlich reingefallen. Im Normalfall nehmen Wolfgang, Phillip oder ich die Original CDs mit nach Hause, hören die Nummern komplett raus und notieren alle Parts. Derjenige, der das Transkribieren übernimmt ist auch für die Kontaktaufnahme mit dem Management, oder den Künstlern verantwortlich Sehr häufig gibt es für Live-Ensätze der Künstler nämlich ADATs mit passenden Chorarrangements oder Click-Tracks. Wenn wir im Vorfeld auf solches Material zurückgreifen können, erleichtert uns das die Arbeit natürlich enorm. Da die Songs für die Show nur zwei bis drei Minuten lang sein dürfen, nehmen wir uns die Freiheit die Original-Arrangements entsprechend zu straffen. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass richtig bekannte Künstler solche Maßnahmen sehr cool und wohlwollend aufnehmen. Je unbekannter ein Act ist, desto häufiger kommt es zu Schwierigkeiten. Aber so ist das nun mal!

?PG: Wie viel Zeit habt ihr, um euch auf einen entsprechenden Job vorzubreiten?

!CF: Normalerweise erfahren wir ca. ein bis zwei Wochen vor der Show, welchen Song wir zu begleiten haben. Es ist also genug Zeit vorhanden, um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen! Den meisten Aufwand macht das Organisieren der ADATS. Die Managements sind in dieser Hinsicht oft sehr chaotisch organisiert und eigentlich weiß bei einer Anfrage zunächst erst einmal niemand Bescheid.

!PN: Die eigentliche Probearbeit findet dann erst am Tag der Show statt.

!CF: Meistens treffen wir uns so gegen elf und proben die Nummer erst mal ein bis zwei Stunden alleine im Bandkontext. Erst dann kommt der Künstler und wir testen das Material zusammen an. Im Normalfall wird parallel dazu gleich der Soundcheck gemacht. Später gibt es dann noch eine Kameraprobe, die witzigerweise für die Künstler und das Managemnet meistens wichtiger ist, als die Band-Probe. Da der Zeitplan sehr straff ist und der Künstler normalerweise erst am Tag der Show anreist, kann das Ganze natürlich auch schon mal in echtem Stress ausarten!

!PN: Seitdem ich dabei bin gab es nur eine Ausnahme- der Job mit Anastacia. Mit ihr konnten wir schon einen Tag vor der Show proben.

!CF: Aber das war wirklich das erste und einzige mal, dass so etwas vorgekommen ist. Im Grunde genommen lag das auch nicht an ihr, sondern an ihrem Management, das unheimlich viel Stress gemacht hat. Anastacia sollte ursprünglich schon ein Jahr vor diesem Job in der Show auftreten. Aber da hieß es noch: "Entweder mit ihrer eigenen Band, oder gar nicht"! Angeblich wäre eine deutsche Band unfunky und könne das Material nicht authentisch genug rüberbringen. Kurze Zeit nach der "Absage" begleiteten wir Lionel Richie und das Ganze wurde ein richtig cooler Gig. Lionel war sehr locker, probte die Nummern mit uns und sagte: "Alles dufte, Jungs! Bis später." Und das war's. Da Anastacia den selben Musical Director hat wie Lionel, war der nächste Gig mit ihr dann kein Problem mehr. Sie kann singen, wir können spielen. Was soll das also?! Schließlich haben wir schon unzählige Sänger begleitet und ob die nun Ingrid Müller heißen oder Anastacia, macht für uns keinen Unterschied.

?PG: Eure Band ist personell sehr stabil. Nur die Besetzung des Gitarristen wechselte auffällig oft. Gibt es bei Neubesetzungen ein Casting, oder wie läuft so etwas ab?

!PN: Bei mir war es eher ein Zufall. Ich habe mit Bruno, meinen Vorgänger, schon im Vorfeld einige Gigs gespielt und nachdem er sich dazu entschlossen hatte, die Band zu verlassen, rief er mich an und fragte nach, ob ich grundsätzliches Interesse daran hätte, den Job zu übernehmen. Ich sagte ja und fuhr noch in der gleichen Woche nach Köln, um mir eine Show anzusehen und mit den Jungs zu jammen. Einige Tage später war ich dann noch mal für eine Kameraprobe im Studio. Da sich auch noch andere Gitarristen für den Job interessierten, zog sich die entgültige Entscheidung einige Tage hin. Als ich erfuhr, dass ich dabei bin, war ich natürlich ziemlich happy!

!CF: Tatsächlich haben wir so eine Art Mini-Casting gemacht. In der Realität sah das so aus, dass wir uns zunächst berieten, welche der Gitarristen mit denen die einzelnen Bandmitglieder in der Vergangenheit bereits zusammengearbeitet hatten, für den Job in Frage kämen. Dabei ging es nicht unbedingt nur um die musikalischen Fertigkeiten. Schließlich hängen wir jeden Tag zusammen und da muss auch die menschliche Seite stimmen.

?PG: Betreiben wir ein wenig Nabelschau. Philip, was hast du eigentlich vor der Zeit in der TV Total Band gemacht?

!PN: Nicht so viel Spektakuläres. Ich spielte einige Zeit in der Band von Marla Glen, hatte einige eigene Projekte am Start und jobbte in diversen unbekannteren Regional-Bands. Ich habe auch mal eine zeitlang in Köln Musik studiert, brach das Studium aber ab. Das Ganze war mir nicht "funky" genug.

?PG: Das kenne ich. Ich habe auch mal Jazz Gitarre in Arnheim studiert.

!PN: Hey, ich auch. Allerdings nur einen Monat lang. Ich habe das Jahr nach meinem Abitur genutzt, um intensiv zu üben und mich für die Aufnahmeprüfungen an diversen Hochschulen fit zu machen. Ich habe dann insgesamt vier Test gemacht, unter anderem eben in Arnheim und auch in Köln. Die Prüfung in Arnheim habe ich damals bestanden und da der Eignungstest in Köln später war, entschloss ich mich zunächst einmal in Arnheim loszulegen. Nachdem ich erfuhr, dass ich auch in Köln einen Studienplatz haben konnte, brach ich ab und ging nach Köln.

 Und nochmal Philip & Claus?PG: Claus, du hast ja einen ganz illustren Background und regelmäßige TV Total Zuschauer werden vielleicht wissen, dass du neben einem extrem fetten Bass, auch verdammt gut Gitarre spielst. Erzähl doch mal ein bisschen!

!CF: Ja, von Hause aus bin ich eigentlich Gitarrist. Vor TV Total habe ich eigentlich auch immer mehr Geld mit dem Gitarrespielen verdient, als mit dem Bass. Mit dem Bassspielen habe ich damals ehrlich gesagt nur angefangen, weil es nicht so viele wirklich gute Bassisten gab. Hervorragende Gitarristen findet man wesentlich häufiger (lacht). Damals war ich zwanzig Jahre alt. Aber das Ganze hat noch einen weiteren Vorteil. Parallel zu meinem Job bei Stefan, arbeite ich nach wie vor sehr viel im Studio und schreibe Jingles für Werbespots. Da ich genauso gut Bass wie Gitarre spiele, werde ich meistens gebucht, um beide Jobs in einem Abwasch zu erledigen. Und weil ich, bevor ich anfing Gitarre zu spielen, auch noch als Drummer unterwegs war, kann ich auch noch ziemlich authentische Drums programmieren.

?PG: Hattest du Unterricht?

!CF: Nein, außer einer kurzen Phase, in der ich klassischen Gitarrenunterricht nahm, habe ich alle Instrumente autodidaktisch gelernt. Um meine Entscheidung Musiker zu werden vor meinen Eltern zu rechtfertigen, trug ich mich zwar eine zeitlang mit dem Gedanken Musik zu studieren. Mein Vater riet aber ab, da er der Meinung war, wenn ich wirklich Musiker werden wolle, müsse ich mein Glück "On The Road" suchen. Seit dieser Zeit habe ich wirklich jeden Tag gespielt und jede Menge Gigs und Studiojobs absolviert. Dadurch, dass ich von jeher sehr viel zu tun hatte, bin ich eigentlich auch nie richtig zum Üben gekommen. Vielleicht war das auch gut so. Das meiste habe ich definitiv bei meinen zahlreichen Konzertbesuchen gelernt. Wenn mich ein Musiker wirklich beeindruckt hat, versuchte ich das während des Gigs Gesehene und Gehörte zuhause auf meinem Instrument nachzuvollziehen. Akribisch herausgehört habe ich eigentlich wenig. Ich habe mich eher vom Erlebten inspirieren lassen.

?PG: Als Mitglied der TV Total Band muss man in der Lage sein, ein stilistisch extrem breites Spektrum abzudecken. Hast du dich von jeher für sehr unterschiedliche Musikstile interessiert?

!CF: Eigentlich schon. Als ich noch ausschließlich Gitarre gespielt habe, war ich eher der Heavy-Typ. Später, als der Bass dazu kam, fing ich an mich auch für Jazz- und Pop-Musik zu begeistern. Mit Projekten wie "Die Drei vom Rhein" (mit dem Kölner Gitarristen Werner Neumann), oder der Franck Band habe ich später dann auch ziemlich abgefahrene Sachen gemacht.

Die Termine

?PG: Wie hast du den Sprung vom Heavy Gitarristen zum Jazz/Fusion-Bassisten eigentlich vollzogen. Der Weg ist doch im Grunde genommen nicht wirklich gerade?

!CF: Das stimmt wohl. Ich bin Gott sei Dank mit einem sehr guten Gehör gesegnet und konnte dementsprechend fast alles auf diesem Weg managen. Es gibt da eine ganz lustige Geschichte. Ich spielte gerade ein Jahr Bass, als mich der bekannte Jazz-Pianist Christoph Spendel fragte ob ich nicht Lust dazu hätte, ein bis zweimal die Woche in einem Leverkusener Club Jazz zu spielen. Ich fand die Idee interessant, kaufte mir kurzerhand einen Contra-Bass und musste wirklich von heute auf morgen Jazz spielen. Komischerweise hat es sofort richtig gut geklappt. Da ich keine Noten lesen konnte, orientiert ich mich ausschließlich an den Chords der Songs und durch meine Erfahrungen auf der Gitarre, hatte ich keine Probleme sogar die ein oder andere Impro hinzulegen. Natürlich habe ich vorher schon Jazz gehört und so wusste ich was abzugehen hat.

?PG: Wow, das wittert nach absolutem Gehör. Hast du eins?

!CF: Nein, leider nicht wirklich! Ich würde sagen das ich ein sehr, sehr gutes relatives Gehör habe. So kann ich zum Beispiel alles was man mir vorspielt sofort nachspielen. Wenn ich allerdings sagen soll, ob der gehörte Ton nun ein C oder G ist, muss ich passen. Das kann nur jemand, der wirklich über ein absolutes Gehör verfügt. Und das ist sicher eine Frage des Trainings. Ich habe mich bis jetzt nicht so intensiv darum gekümmert. Vielleicht würde es ja klappen!

?PG: Vielen Dank ihr zwei und viel Erfolg für die Show!

 

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